Im Rahmen der Fragestellung nach einer neuen Bildungskultur kamen wir auf den oftmals kritisch und strittig, aber meist auch ungenau verwendeten Begriff der Spiritualität und haben uns auf möglichst einfache Weise um eine sachliche und gut verständliche Auseinandersetzung bemüht.
Viele Menschen verstehen unter Spiritualität verschiedene Formen der mystisch verschleierten, oftmals auch esoterisch genannten oder religiösen Praxis, die den Leitsätzen von Bildungseinrichtungen wie Volkshochschulen nicht entspricht und nicht dort nicht stattfinden soll.
Als Spiritualität wird allgemein Geistigkeit, inneres Leben oder geistiges Wesen bezeichnet, sie beschäftigt sich mit der Suche nach dem Unsichtbaren hinter dem Sichtbaren, das Max Planck wie folgt umfasst: „Nicht die sichtbare und vergängliche Materie ist das Wirkliche, Reale, Wahre - sondern der unsichtbare, unsterbliche Geist.“
Für viele Menschen ist die Suche existentiell, wiederum andere können mit der Vorstellung eines geistigen Urgrundes nichts oder nur wenig anfangen.
Vielerlei sind allerdings auch die Ansätze von spiritueller Suche und selbstverständlich sollten Bildungsangebote im Sinne der Meinungs- und auch Religionsfreiheit frei sein von einflussnehmenden Angeboten, die nur jeder einzelne für sich suchen kann.
Allerdings kann der übergeordnete Begriff der Spiritualität, der wiederum mit allerlei mehr oder weniger eindeutigen Praktiken oft unsachgemäß in Verbindung gebracht wird, auch einmal näher und dennoch objektiv betrachtet werden.
So wird hier Spiritualität so verstanden, dass nicht nur allgemeine transzendente (ungesehene) Gesetzmäßigkeiten und Kräfteverhältnisse, ähnlich Platons Ideenwelt, in oder besser über der Welt walten und dafür sorgen, dass die Welt so ist, wie sie physisch in Erscheinung tritt, sondern dass gerade auch im Menschen die Möglichkeiten liegen, über das Denken von (möglichst idealen) Gedanken aktiv gestaltend am Weltgeschehen teilzunehmen oder besser „-zugeben“. Als schöpferische Denktätigkeit wird dies bezeichnet, was der Mensch auf ganz transparente Weise aus der vorstellenden Bewusstseinsfaktivität schaffen kann und im Gegensatz zu den Tieren kommen dem Menschen dadurch ganz individuelle Entwicklungsmöglichkeiten zu, die er im besten und somit auch sozialen Sinne auch nutzen sollte. Eine so verstandene Spiritualität ist von Bildungseinrichtungen eigentlich nicht wegzudenken ist, wenn sie zum Ziel das lebenslange Lernen und die Förderung der Fähigkeiten des Individuums haben.
Dieses spirituelle Verständnis ist in jedem Fall frei von Glaubensinhalten und rituellen Praktiken, ein so orientierter Yogaunterricht beispielsweise lehrt nicht spirituelle Inhalte, sondern führt in sachlicher Weise die Übungspraxis so, dass eine klare und konkret angesetzte Bewusstseinsausrichtung der Bewegungsgestaltung zugrunde gelegt wird. Der Teilnehmer wird nach besten Möglichkeiten darin gefördert, seine eigenständige und individuelle Bewusstseinstätigkeit dahingehend zu stärken, dass er mit gesundem Selbstempfinden, aber auch solidem Urteilsvermögen zum einen die Yogapraxis erlebt und je nach Interessenslage erlernt, aber auch für das Leben seine Fähigkeiten erweitert, sich eigenständig zu orientieren und meinungsbildende Urteile unabhängig zu treffen und ganz allgemein Entwicklungsschritte zu tun. Die individuelle jeweilige Ausrichtung bleibt davon unberührt, da sie nur jeder für sich beantworten kann.
In diesem Verständnis von Spiritualität ist es derjenige „Teil“ des Menschen, den nur er selbst mit „Ich“ bezeichnen kann, der in besonderem Maße angesprochen wird, wenn es um spirituelle Entwicklung geht, dessen Ausrichtung jedoch auch maßgeblich das Bewusstsein, die Lebenskräfteverhältnisse und insgesamt die gesamte körperliche Konstitution Einfluss hat.
Bildung sollte es dem Menschen ermöglichen, sich mehr und mehr (selbst-)bewusst zu betätigen, das Leben zu führen und zu gestalten, aber auch in wachsendem Maße dazu beitragen, dass seine aktive Teilnahme am Leben auch zu einer Ausgestaltung der Welt gemäß frei gewählten Idealen stattfinden kann.
Judith