Wann findet eine Rückfixierung in der asana statt und wann erfolgt die Ausführung aus einer Vorstellung heraus?

Ein entscheidender Hauptgedanke, der sich die Woche über aufbauend durch die asana-Praxis zog, war die Unterscheidungsbildung, wann eine Stellung an den Körper fixiert ist und wann im Gegensatz dazu eine freie Gestaltung aus einem bewusst gewählten Gedanke über den Körper zum Ausdruck kommt.

Von einer Körperfixierung kann dann gesprochen werden, wenn Impulse aus dem Körper oder dem Gemüt aufsteigen und das Bewusstsein so einnehmen, dass kein klares, am Gedanken orientiertes Denken mehr möglich ist, sondern der Mensch auf die bisherigen Gewohnheiten zurückgeworfen wird und dadurch das Bewusstsein von Körper dirigiert wird. Bezeichnend für dieses Phänomen sind die Zitate: ,,Der Körper weiß was gut ist“ oder ,,Ich schaffe das nicht“. Hier liegen die Ansatzpunkte im Bisherigen, repräsentiert durch den Körper und begrenzt durch das Gewohnte, wodurch Neues zunächst angezweifelt wird.

Im Gegensatz dazu steht der freie Mensch, der sich sich nicht durch die gegebenen Umstände determinieren lässt, sondern sich selbstbestimmt durch rhythmische Hinwendung zu einer Idee ausrichtet und ausgehend von den bisher ungenutzten Möglichkeiten seine Potentiale in eine Umsetzung führt. Hier bestimmt nicht der Körper die Übung, sondern dieser wird nach Weisheit beobachtet und unter konkreter gedanklicher Führung in die nächstmögliche ideale Form geführt.

Es stellt eine durchaus angemessene Anforderung an das Bewusstsein dar, wenn der Mensch die Fähigkeit entwickeln lernt, seine Aufmerksamkeit über eine längere Zeit nach außen auf einen Gedanken zu richten und ihn so aufzubauen, dass er bildhaft erlebbar wird.

 

Konkret auf die asana bezogen bedeutet dies, sich ein Bild von der gewählten Stellung zu machen, den Bewegungsansatz durch Beobachtung zu erforschen, den Ausdruck zu ergründen und somit ein geordnetes und plastisches Bild von der Übung zu kreieren. Durch das Vorhandensein eines Bildes kann die Stellung angemessen korrigiert und auf sinnvolle Weise weiterentwickelt werden, was sich folglich auch im Ausdruck abzeichnet. Wenn die Stellung von einem klaren Gedanken getragen ausgeführt wird besteht die gedankliche Ausrichtung zu einem Objekt. Durch die damit verbundene Wachheit im Bewusstsein gewinnt auch die Stellung einen geordneten, klaren Ausdruck nach außen und wirkt auch auf die zuschauende Person verbindend und offen nach Außen, bei gleichzeitiger Zentrierung nach Innen. Im Gegensatz dazu wirkt eine primär vom Körper dominierte Ausführung weniger verbindend nach Außen da durch das Fehlen eines Gedankens die subjektive Innenwelt im Fokus ist. Dies drückt sich im Erleben tendenziell diffus, unklar und abgegrenzt aus.

 

Eine förderliche Anforderung an das ICH des Menschen liegt bei der asana-Praxis vor allem darin, den gewählten Gedanken von Beginn bis zum Ende der Übung in der Aufmerksamkeit zu halten und die Ausführung entsprechend zu formen ohne sich unmittelbar wieder zurück an den Körper mit seinen determinierenden Gewohnheit zu fixieren. In dem Moment in dem die Übung ausgehend von einem Gedanken ausgeführt wird, bindet sich der Mensch nicht mehr in dem gewohnten Maße an den Körper, sondern formt ausgehend vom Bewusstsein die Stellung weiter. Wenn jedoch während der Ausführung hinderliche Widerstände auftauchen die das Bewusstsein so gefangen nehmen, dass die Vorstellungstätigkeit nicht mehr gewährleistet ist, findet eine sogenannte Rückfixierung an den Körper statt.

Vor allem nach langjährigem Praktizieren besteht die nicht zu unterschätzende Verlockung, dass die schon so oft bewegten Gedanken nicht mehr lebendig aufgebaut, sondern aus der Gewohnheit heraus reproduziert werden und damit die immer wieder neu anzusetzende Aktivität im Bewusstsein nicht ergriffen wird. Die zu entwickelnde ICH-Kraft bleibt hierbei ausgeklammert und es kann keine innere Entwicklung stattfinden wenn sich der Mensch zu sehr mit seinem Körper und dem Bisherigen identifiziert. Erst durch die aktive und rhythmische Hinwendung zu nächsthöheren Idealen, kann sich der Mensch aus der Genetik herausheben und durch das aktive Ergreifen des schöpferischen Potenzials das ICH entwickeln. Durch die damit verbundene Stabilität und dynamische Beziehungsfreude kann der Mensch zu freier Verbindung untereinander und einem friedvollen Miteinander erwachsen.

 

Julija